Betriebssysteme
Ein weites Feld: Handfeste Interessen und Glaubenskriege, Sicherheit und Kultur. Eine Menge an Fragen, die diskutiert gehören - und das nicht nur in Fachkreisen. Mittlerweile finden Sie hierzu Ausführungen unter den Neuigkeiten.
Die Firma
telepolis :: Rudolf Maresch, 09.03.2003
Ein Versuch, das Imperium Microsoft zu entzaubern
In ihrer eigenen Liga befinden sich die USA nicht nur wegen ihrer militärischen Stärke. Sie spielen auch dort, weil sie sich im Besitz eines überlegenen Way of Life wähnen und den missionarischen Auftrag fühlen, diesen überall auf der Welt zu verbreiten und durchzusetzen. Etliche US-Unternehmen haben sich diese politische Theologie zu eigen gemacht und gehen mit ebensolchem Eifer und Elan daran, die Werte des Freihandels und des individuellen Glücks global zu verbreiten und die Welt nach ihrem Bilde zu formen.
Ältere Ausführungen zu Microsoft hier und nachfolgend:
Ärger mit Microsoft
Die Verliebtheit der Verdummten - oder: Wie lange noch ?
Es ist ein schönes buntes Etwas. Es is so einfach. Und es kostet nichts, ist beim PC schon dabei- warum also darüber nachdenken oder gar reden? Dass kein falscher Eindruck entsteht: Ich benutze Windows, ich finde es grundsätzlich nicht schlecht und XP war ein echter, fester Schritt - vielleicht der erste richtige, wir werden sehen. Aber das hat mit den Ferkeleien der Redmonder gar nichts zu tun.
Denn damit ist es ein Elend. Nicht, dass das alles neu wäre - im Gegenteil, es ist schon fast eine unendliche Geschichte.
Aber aktuell bleibt doch einmal mehr wieder fest zu stellen, wie der Stand eigentlich ist mit Microsoft. Nicht nur im Bewusstsein derer, die sich in täglicher Auseinandersetzung mit der EDV-Technik und/oder der Weltanschauung darüber befinden, ob nun LINUX die Welt retten wird oder Windows bereits das Paradies ist.
Nein, zu erreichen wäre das Bewusstsein jener, die genug anderes um die Ohren haben (oder zu haben glauben), als das ewige Gezerfe um PCs und DVDs und all das moderne Zeug auch noch mit Ernst zu verfolgen. Was interessiert sie
Und so fort. Man könnte Seiten füllen. Aber belassen wir's mal nur hierbei. Und zeigen wir nicht mit Fingern auf tatsächliche oder vermeintliche Ignoranz und Arroganz.
Wen also interessiert das? Und wen warum nicht?
Komplexität und Vogel Strauss
Zugegeben, die Welt wird immer komplexer. Aber durch ein Kopf-in-den-Sand-Stecken wird sie allenfalls oberflächlich übersichtlicher. Wir müssen erkennen und (wenn auch vielleicht zähneknirschend) akzeptieren, dass diese Technologie zum unverzichtbaren und untrennbaren Bestandteil unserer Umwelt und unseres Lebens geworden ist - und bleiben wird. Das war mit dem Rad, der Telegrafie und dem Auto so. Nur: Räder konnten viele herstellen, Telegrafen und Telefone auch, selbst bei Autos ist eine gewisse Vielfalt (neben der Notwendigkeit von 4 Rädern, dem Lenkrad...) nach wie vor erkennbar. Die Gefährlichkeit microsoftschen Tuns wird nicht dadurch entschärft, dass wir sie ignorieren. Betreffen wird es uns alle - früher oder später. Nur später haben wir weniger die Wahl als den Schaden. Machen wir uns also ein paar Gedanken:
Fehlende Konkurrenz...
Die Gefährlichkeit besteht zunächst einfach darin, dass echte Konkurrenz fehlt. Da hilft momentan weder LINUX noch SUN oder wer auch immer. Weiterhin bringt Windows Spiel und Spass - angeblich das Ziel jeder zivilisatorischen Entwicklung - sagt übrigens auch Linus Torvalds...
Es ist also im Grunde so wie bei Wahlen: Nur eine Partei, das ist nicht gut. Riecht irgendwie nach Diktatur. Wenn mehrere Parteien, aber keiner wählen geht: auch nicht gut, riecht irgendwie nach Verdrossenheit und dann irgendwann auch nach Diktatur.
...in der IT als Kulturpraxis
Die Informationstechnologie befindet sich auf einer Stufe, auf der wir ein Mindestquantum an Praxis und Verständnis in unseren Kultur-Werkzeugkasten übernehmen müssen, wenn wir mit dabei sein wollen. So wie Lesen und Schreiben (ja, das sollten wir können!) sollten wir Telefonieren können (auch mit dem Handy), ein Radio und einen Fernseher ein- und ausschalten (ja! DAS können wir!!!) und so fort.
UND, wir sollten einen PC bedienen und vor allem NUTZEN können (ja, SOLITAIR, das mögen wir...), sprich Texte erstellen und bearbeiten, ein bisschen rechnen, um raus zu kriegen, welche Versicherung oder Hypothekenvariante die bessere ist, im Internet Informationen und Anregungen finden und diese in unser Leben einbauen. Denn das ist sicher: ohne ausreichende Informationen kommen wir unter die Räder, als Einzelpersonen, als Nation, als Menschen. Da ist eben der deutliche Unterschied zu anderem industriell hergestelltem Müll: Wir können uns dieser Technologie nur schwer oder gar nicht mehr entziehen oder verweigern; zumindest nicht auf Dauer.
Gesellschaftliche Kontrolle
Daher kann und darf diese Technologie (und neben dem Internet gehören PC-Betriebssysteme dazu) nicht in der Hand eines Konzerns verbleiben, unkontrolliert, ungeprüft und zur freien Abzocke und überwachung. Denn nicht mehr aber auch nicht weniger verfolgt Microsoft und deren Hintermänner: Neben dem (grundsätzlich legitimen) Geldverdienen führt eben die Gängelung nicht nur zur Update-Sucht und damit zum Mäusemelken sondern durch die geschickte immer tiefergehendere Integration von Basisfunktionen ins Betriebssystem selbst auch zur ungehemmten Kontrolle. In wie weit diese heute schon erfolgreich praktiziert wird oder praktiziert werden kann, darüber machen sich Politiker langsam Gedanken, ob in München, Berlin oder anderswo, s.o.
Diesem Komplex sind nicht nur diese einfachen Probleme der Kids zuzuordnen (Spiele, Musik und Videos saugen), sondern eben auch solche strategischer Dimension (Briefgeheimnis, Industriespionage, ECHELON, GPS/GALILEO und weltweite überwachung etc.).
Machen wir uns nichts vor: Der dahin lahmende Anti-Trust-Prozess in den USA gegen Microsoft ist nicht zuletzt auch Ausdruck dafür, dass US-Regierungs- und Wirtschsaftskreise ein grosses Interesse an einer funktionierenden einheitlichen, kontrollierenden (und von Ausgewählten kontrolliertbaren...) IT-Struktur auf dieser Welt interessiert sind. Eine Zerschlagung und damit grundsätzlichen Entmachtung Microsofts stehen also "staatstragende" Interessen entgegen. Man möchte fast zum Sprung zu den Verquickungen von Bush, der ölindustrie und Afghanistan ansetzen - aber lassen wir's bei diesem Link.
Aber Hoffnung naht: Es rumort gegen die Praktiken der Herren aus Redmont. Weltweit beginnen Politiker, Privatleute UND Manager/IT-Verantwortliche sich der Gefahren bewusst zu werden und konkret über Alternativen nach zu denken: LINUX wird so, zunächst wohl vorzugsweise auf den Servern, zur offenen und öffentlichen Alternative. Microsoft wird sich bequemen müssen, sich analoge Vorgehensweisen wie die Gemeinde der Offenen Software zu überlegen. Dabei wird es sicher nicht reichen, nur Pseudoprüfungen zu kaufen und IT-Verantwortlichen so on-the-fly (eingerahmt von zwei guten Abendessen...) mal einen Blick in der Quellcode von Subroutinen von Teilen von Windows zu verabreichen.
Windows - so einfach ist die Welt
TOC - So einheitlich, so einfach so billig ?
Unter Experten unterhält man sich über Total Cost Of Ownership (TOC), dem Normalsterblichen reicht es, dass es umsonst ist, das Betriebssystem Windows.
Es lohnt der Blick auf den Wirrwarr, der sich auftut, wenn es darum geht, die Systeme zu warten. Es gibt derzeit im Gebrauch
- Windows 95
- Windows 98
- Windows ME
- Windwos NT (Server & Arbeitsplatz)
- Windows 2000 (dito)
- Windows XP (Home & Professional)
Dazu die Internet-Explorer
Und für alle gibt es diverse Updates, Patches, Sicherheitsupdates, Service-Packs (teilweise I und II, notwendig/empfohlen/sinnvoll/unsinnig...), teilweise mit neuen Löchern, Fehlern.
Ausserdem gibt es natürlich diverse OFFICE-Versionen mit entsprechenden Service-Packs und Updates vom Markführer, im Zweifelsfall nicht kompatibel, auch nicht unter allen Windows-Versionen mit allen Service-Packs oder nur nach (oder vor) Einspielen eines bestimmten solchen...
Und die Bedienung wesentlicher Funktionen ändert sich auch von Fall zu Fall und Kombination zu Kombination. Ach so: Das Look And Feel auch - so wie die Mode. Aber Sie können das abstellen, gewissermassen die alten Klamotten wieder anziehen - wenn Sie mögen und wissen wie.
Und Sie können auch einfach nur updaten: Neues Windows und... - Hardware passt nicht mehr, Software will nicht mehr, Daten sind nicht mehr. Mehr und mehr beschleicht einen der Gedanke: Weniger wäre vielleicht mehr gewesen? Z.B. ein freies Wochende, eine durchgeschlafene und nicht durchgehangene Nacht, ein(e) freundliche(r) Partner(in), Zeit für ein Buch, Zeit...
Das zum Thema einheitlich & einfach.
3. Juni 2002: Es geht voran
Gutes Timing, Herr Schilly: Wenige Tage vor den LINUX-Tagen in Karlsruhe entscheidet sich der Innenminister für Open Source. Nachdem sich am 14. März 2002 bereits der Bundestag geoutet hatte und zumindest den Serverbereich aus der Verfügungsgewalt der Redmonder gebracht hatte, ist dies ein vernünftiger nächster Schritt.
Wie sagte doch letztes Jahr Frau Wolf, die Staatssekretärin auf den letztjährigen LINUX-Tagen?
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Mags es auch vielen immer noich zu langsam gehen: Schneller aus der Verbotsantrag gegen die NPD waren sie hierbei allemal, unsere Politiker...
14. März 2002: Der Beschluss
Oder: Sind sie von Sinnen, die Deutschen Politiker?
Am 14. März 2002 hat der Ältestenrat des Deutschen Bundestages über die zukünftige Softwareausstattung des Bundestages entschieden:
"Auf der Grundlage der von der Bundestagsverwaltung durchgefuehrten Tests, den Ergebnissen der Studie und den strategischen Ueberlegungen ist die IuK- Kommission zu folgenden Empfehlungen gelangt:
- Die Server werden auf das Betriebssystem Linux umgestellt, als Verzeichnisdienst wird OpenLdap eingesetzt.
- Auf den Arbeitsplatzrechnern wird Microsoft XP und das entsprechende Office Paket eingesetzt.
- Als Standard für Browser und eMail Client wird weiterhin Netscape genutzt."
Von Sinnen sind sie nicht, sie haben ein kluge, noch nicht einmal halbherzige Entscheidung gefällt. LINUX ist erwachsen, LINUX steht zumindest ebenbürtig neben den bisher kritiklos als die besten gehaltenen NTs, 2000, XPs...
Entscheidend: Die Basis, auf der alles steht, ist LINUX. Dass die Arbeitsplätze (derzeit noch...) unter Windows XP laufen sollen, kann ich nachvollziehen. Für die Mehrzahl der Windows-gewohnten stresst das nicht - im Gegenteil: Es beruhigt erst einmal.
Alles weitere wird sich weisen. Der nächste Schritt wäre Europa, und dann die ganze Welt...
Nach all dem Gehacke der letzten Monate, nach all den "selbstlosen" Einsätzen heimlicher Mitarbeiter, Geschäftführer, nach all den Meetings, illusteren Abendessen - so wurde entschieden
- und das ist gut so.
Nachrede:
Wenn derart weise Entscheidungen auch auf anderen Politikfeldern fallen würden - wir bräuchten (fast) keinen Wahlkampf.
Internet, Intranet
"Freedom for Links" informiert über aktuelle Rechtsprechung in Sachen Internet und realisiert Kampagnen zu Einzelthemen.
http://www.freedomforlinks.de
"Freiheit im Internet" = "Freiheit der Lemminge" ?
Es wird schwierig: Soll man solche Fragen im Rahmen der EDV stellen oder gehört sie in den Bereich der Kultur & Gesellschaft?
Längst sind Fragen der Nutzung von Rechnern, PCs und des Internets keine Fragen nur für Hacker und eben EDV-ler. Die Informationstechnologie umgibt uns und beeinflusst unser Sein und Tun massgeblich. Also: ein ausgleichendes Sowohl-Als-Auch ist wohl angebracht.
Insofern bleibt nichts anderes übrig:
Sie müssen sich damit auseinander setzen. Ob es sich nun "nur" um den versehentlich über x Ecken in die rechtsradikale Ecke weisenden Link handelt oder um die staatlich verordnete Informations- und Denkblokade durch Filtern von Informationen im Internet geht (China u.a. lassen grüssen...), um Rasterfandung, e-Mail-Schnüffeleien - immer stehen elementarste Bürgerrechte auf dem Spiel.
Die nicht enden wollenden Pannen auf dem Wege zum Verbotsantrag der NPD haben gezeigt, wie irrsinnig fit unsere Politiker sind, wenn es um die einfache Aufgabe geht, offensichtlich demokratiefeindlichen Menschen das Handwerk zu legen. Solchen Stümpern sollten wir nicht die Möglichkeit bieten, uns die Informations-Quellen, deren Inhalt und unser Denken (das u.a. und wesentlich auf Informationen fusst - aber wem sag' ich das!) vorzuschreiben oder einzuschränken.
Aber um die Eingangsfrage aufzugreifen: Lemminge dürfen weiter rennen, alle anderen sollten innehalten, die Ohren & Augen öffnen, Gehirnwindungen putzen und - Sie kommen nicht drum rum:
In einem Artikel Das übermaß an Kontrolle bespricht Felix Stalder am 04.03.2002 eine interessante Veröffentlichung, "The Future of Ideas" von Lawrence Lessig. Lessing beschreibt, wie wir gerade dabei sind, die Bedingungen für Freiheit und Kreativität im Internet zu zerstören. Das anstehende Problem hatte aber offenbar auch schon Machiavelli, der gleich mit zitiert wird...
"... wer Neuerungen einführen will, hat alle zu Feinden, die aus der alten Ordnung Nutzen ziehen, und hat nur lasche Verteidiger an all denen, die von der neuen Ordnung Vorteile hätten."
Niccolo Machiavelli (1469-1527), Der Fürst VI
|
Kultur, Design
Über Bazon Brock, ästhetik und Kommunikationsdesign
Die Geschichte des Internet
Eine sehr gute Anthologie zu diesem Thema über die letzten 10-12 Jahre.
HTML lernen:

SELFHTML, die Referenz von Stefan Münz, immer noch ungeschlagen gut.