Jahresbrief 2018

Lis Böger, im Dezember 2018


Liebe Freunde und Verwandte


Jetzt ist es wieder soweit, dass ich mich dransetze, um Euch über unser ziemlich verkorkstes Jahr zu berichten:


Angefangen hatte es ja zunächst recht gut: Mein Bruder Wolfgang war über Weihnachten bis nach Neujahr hier bei uns in Naxos und so haben wir Sylvester gemeinsam zuhause verbracht.


Am Neujahrstag schien die Sonne, so dass wir uns auf den Weg machten, um den Profits Ilias zu umrunden, den Berg südlich des Pirgos Bazeo. Es waren wohl 10 km Weg wovon ich 7-8 km gelaufen bin. 2 ½ Std. etwa, dann streikte mein Körper! Reinard ging dann alleine zum Auto und holte uns ab. Meine Lendenwirbel machten mir Beschwerden.



Epiphanias

Am 6. Januar, diesem hohen griechischen Weihnachtstag, an dem es eigentlich erst die Geschenke gibt, verbrachten wir in Moutsouna zusammen mit Ingbert, seiner Lebensgefährtin und deren Mutter. Und das natürlich bei schönstem Wetter im /Apanemi/ beim Fisch essen. Zuvor warf der Pope ein Kreuz ins Wasser, das ein beherzter junger Mann tauchend herausholt.Danach zelebrierte er auf der Mole die Wandlung mitgebrachten Wassers zu geweihtem Wasser.



Pirgos Beloni


Am 7. Januar konnten wir zum ersten mal beim Kirchenfest von Agios Joannis beim Pirgos Beloni dabei sein. Diese sehr alte Kirche aus dem 13. Jahrhundert ist je zur Hälfte katholisch und orthodox. Dies findet man zum Teil auch in anderen Kirchen, denn wenn ein Venezianer eine einheimisch geehelicht hatte, brauchte es eben getrennte Gotteshäuser …


Der Pope hatte sogar die katholische Seite mit Kreuz, Bild und Leuchtern geschmückt.



Am 10. Januar verliess uns Wolfgang wieder.


Geburtstag

Detlefs Geburtstagsfeier am 14. Januar im Restaurant Kozi wurde in grossem Kreis gefeiert und war wie immer unterhaltsam und führte zu neuen Bekanntschaften und interessanten Gesprächen.



Olivenernte

Am 17. Januar erntete ich zum ersten mal unsere Oliven und legte sie auch gleich ein – eine reiche Ernte von immerhin 600 Gramm! Kostproben habe ich in Deutschland verschenkt.



Stapellauf des Marmorboots

Am 22. Januar war der Stapellauf von Ingberts Marmorboot am Strand von Moutsouna. Adonis und Ingbert transportierten das 50 kg schwere Boot über den Sandstrand ins Wasser. Der Wellengang war leider etwas zu stark aber es schwamm!



Nachdem Reinard die Fotos für den Ausstellungsflyer geschossen hatte, wurde das kostbare Stück wieder ins Auto gewuchtet.


In den folgenden Tagen wurde es dann richtig kalt und stürmisch mit Windstärken bis 10 Beaufort.


Die Faschingszeit nahte. Am Monatsende besuchten uns die Narrenkinder von Galanado und forderten ihre Süssigkeiten.



Noch einmal besuchten uns die Narren und machten es sich bequem. Sie trieben es so doll mit dem Schaukelstuhl, dass ich einschreiten und sie bitten musste, doch lieber zu gehen …


Anfang Februar startete unser Griechischkurs. Wir waren zu zehnt am Anfang aber es dünnte sich schnell aus auf sechs, da die Kenntnisstufen zu unterschiedlich waren. Dass wir nicht ausschieden, lässt uns bis heute hoffen …


Alexander hatte beschlossen, im August zusammen mit Messi für zwei Wochen nach Naxos zu kommen und hatte gebucht. Das berührte natürlich unsere Reisepläne am Ende des Sommers. Reinard hatte ja eine komplette Planung fertig:



Am 2. Februar besuchten uns Doro und Winfried zum Kaffee auf ihrem Weg nach Azalas zu Astrid und am 8. Februar waren wir zu Gast in Azalas bei Astrid und Nikos und feierten mit leckerer Torte Namens- und Geburtstag der beiden Jungs. Ausserdem feierte die Kooperative der Landwirte ein grosses Kartoffel- und Käsefest auf der Paralia. Selbstverständlich wurde irgendwann auch da getanzt.



An meinem Geburtstag waren wir abends zum Essen bei Sue e Giu bei guten Filetsteaks mit Trüffelsauce.


Obwohl der Winter uns immer wieder fest im Griff hatte, und es deshalb immer wieder stürmisch und kalt wurde, hatte der Frühling letztendlich doch irgendwann die Oberhand gewonnen.



Karnavali

Karneval beschert Naxos immerhin 3 tolle Tage: Das Dionysos-Schauspiel am ersten Abend schenkten wir uns diesmal: es war uns einfach zu zugig.


Am zweiten Tag, dem Faschingssamstag, waren wir am Abend zum grossen und lauten Fackelumzug in der Chora. Dieses Schauspiel darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Ebenso wenig natürlich den grossen Fastnachtsumzug mit Gross und Klein am Sonntag, dem 18. Februar.



Am Monatsende war dann die wohl unvermeidliche Erkältung angesagt: Sieben Tage kommt sie sieben Tage geht sie …


Aber die Feste jagten sich trotzdem: Der Patron der Hauptkirche wurde geehrt mit langer Liturgie und grossem Umzug.



Sahara zu Besuch

Am 3. März kam mit dem Südwind die Sahara zu uns: Der gelbe und rote Staub hing als Nebel in der Luft und setze sich als sandiger Film auf alles.



Wasser

Am 11. März machten wir einen Ausflug zur »Staudammkontrolle« nach Engares und Skeponi. Beide Becken waren immer noch fast so leer wie im Herbst. Es hatte also bisher viel zu wenig geregnet; und das sollte so bleiben. Die Auswirkungen zeigten sich dann am Ende des Sommers.



Am 22. März hatten wir bei 6 Bf nochmals dichten Saharastaub. In Kreta war es ganz besonders schlimm, wie man lesen konnte.



Nationalfeiertag

Der 25. März ist einer der beiden ganz grossen nationalen Feiertage in Griechenland. Gefeiert wird der Beginn des Unabhängigkeitskampfes gegen die Osmanen. Der begann eben an diesem Tag im Jahre 1821. Morgens fand die ebenso grosse und in ihrem Ablauf mit dem am OXI-Tag (am 28. Oktober) identischen Parade der Schüler und Honoratioren aus Politik und Kirche statt.



Am 29. März waren wir zu Besuch bei Anna und Max in Engares. Sie leben dort auf einem sehr schönen Anwesen, im Garten mit vielen schönen Marmorarbeiten von Max. Und im anliegenden Haus kann man sich jederzeit einmieten.



Der Horror beginnt

Am Abend des 1. April bekam Reinard sehr starkes Nasenbluten, das nicht zu stillen war. Deshalb mussten wir gegen Mitternacht unseren HNO-Arzt aus dem Bett holen. Ich fuhr Reinard zur Praxis, wo er notbehandelt wurde: Eine dicke Tamponade wurde ihm ohne Narkose ins Nasenloch gepresst und wir fuhren hoffnungsvoll wieder nachhause.


Doch die Blutung war damit nicht zu stoppen. So fuhren wir auf Anraten des Arztes ins Krankenhaus. Dort wussten sie sich allerdings gar nicht zu helfen, gaben Schmerz- und blutdrucksenkende Mittel. Wir verbrachten den Morgen dort im Wartebereich bis wir um 11 Uhr wieder zum HNO-Arzt konnten.


Dort wiederholte sich erneut die schmerzhafte Prozedur, da es nicht aufhörte zu bluten.

Reinard rutschte vor Schmerzen brüllend vom Behandlungsstuhl. Was damals fehlte: Ein Anästhesist am Krankenhaus. Wieder zurück im Krankenhaus bestand ich darauf, dass Reinard nach Athen in eine Klinik geflogen wurde; er lag in einer Ecke auf einer liege und blutete vor sich hin. Es dauerte dann aber letztendlich bis 17 Uhr, um endlich mit einer kleinen Maschine nach Athen fliegen zu können und dort endlich in der vom Krankenhaus ausgesuchte Klinik aufgenommen zu werden.



Die Versorgung war gut, die Blutung hatte aufgehört aber die Tamponade musste noch weitere drei Tage in der Nase bleiben. Mit viel Schmerzmitteln hielt Reinard sich wacker. Danach wurde die Tamponade unter Narkose entfernt, wobei eben die Frage war: Würde es wieder anfangen zu bluten? Dann wäre sofort ein neuer Stöpsel gesetzt worden. Aber das war nicht nötig, sodass wir am nächsten Tag die Klinik unter grossem Theater verlassen und uns nach Naxos einschiffen konnten. 15.000 Euro sollten wir vor Verlassen der Klinik bezahlen!



Wir »flüchteten« ohne Bezahlung und erreichten abends die Fähre nach Naxos um uns von all den Schrecken erst einmal zu erholen. Wir wollten eigentlich zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Senfle auf dem Weg nach Norden sein, alles war geplant.



Aber das konnten wir alles vergessen, es wäre wegen der Nase viel zu gefährlich gewesen. Also blieben wir und warteten ab.


Ostern …


… fiel fast unter den Tisch. Aber ich habe doch etwas zustande gebracht. Ausserdem hatte ein Heiliger der Kirche von Galanado Namenstag. Da war also auch hier ein kleiner Umzug fällig. Die Zitronenblüte nicht zu vergessen!



Argokiliotissa

Am 13. April fand das grosse Marienfest in der Wallfahrtskirche Argokiliotissa auf der Ostseite der Insel statt, ein regelrechtes Volksfest, und das jedes Jahr. Die Argokiliotissa ist die grösste Kirche der Kykladen und ist vielen Einwohnern Naxos’ einen Fussmarsch selbst von der Chora wert.



Neandertaler auf Naxos

Im Kulturzentrum des Ursulinerinnen-Klosters fand ein überraschender und sehr interessanter Vortrag von Archäologen aus Kanada statt, die auf der Stelida graben. Steinzeitliche Funde auf der Stelida aus der Zeit der Neandertaler sind wohl eine wirkliche Sensation, denn die Besiedlung zu dieser Zeit war bisher wissenschaftlich nicht einmal angedacht.




Der letzte Strandspaziergang, bevor es losging …



Reise nach Deutschland

Nun musste es aber endlich losgehen, nach Norden, nach Deutschland. Da Reinard sich keinem Stress aussetzen durfte, fuhren wir am ersten Tag nur bis Patras und von dort mit der Fähre nach Venedig. Die Überfahrt in einer Kabine mit Bullauge war komfortabel und stressfrei.




In Patras dann aber zunächst der nächste Schock. Bei der Rückkehr vom Tickettausch verwechselten wir unser Senfle mit einem völlig gleich aussehenden Twingo ein paar Parkplätze davor – das Fahrzeug war mit unserem Schlüssel nicht (mehr …?) zu öffnen und innen zerwühlt und leer! Erst als Reinard die Polizei geholt hatte und ich verwirrt herumlief, sah ich plötzlich unser Senfle friedlich ein paar Meter weiter stehen. Der Tunnelblick bei Nacht jagte uns einen masslosen Schreck ein. Aber die Polizei konnte wieder auf ihren Posten zurück kehren.


Das Hafengelände von Patras gleicht eine Festung. Wir erlebten hautnah, wie Flüchtlinge in LKWs schlüpften, wie die Zöllner die Wagen durchsuchten und nichts fanden (finden wollten?), wie die Polizei die Menschen immer wieder verjagt, wenn sie über die Mauern und Zäune auf der Stadtseite kletterten …



Den Rest der Reise nach München konnten wir dann aber gemütlich und mit ein wenig Genuss zurücklegen.



Nach einer langen Fahrt über Bozen und Innsbruck waren wir zunächst mal am Ziel: Denn auch in München waren wir bei meinem Bruder erst einmal gut versorgt; so wie hier im Biergarten, wo die Kastanien heftig blühten.



Hochdorf

Nun unser Aufenthalt in Hochdorf und Weilimdorf im Schnelldurchlauf:


– Reinard wurde vom HNO-Arzt bescheinigt, dass seine Nase vollständig verheilt war, was aber durch andauernde Pflege mit Spray und Salbe aufrecht zu erhalten sei.


– In Hochdorf waren wir nur sporadisch, denn wir hatten das Angebot bei Reinards Tante in Weilimdorf zu wohnen.


– Mit Sebastian waren wir zum Frühstücken mit unseren Freunden Katja und Michael im Ratskellergarten. Wir besichtigten Sebastians neue Wohnung und liessen uns mit ihm im Badgarten die dortigen Leckereien schmecken.



– Mit meinen Enkeln Janis und Lukas trafen wir uns in Mössingen und hatten ein schönes und gemütliches Zusammensein mit Silke und den Enkeln. Zusammen mit deren Hunden Max und Snoopy spazierten wir durch die Wiesen und assen anschliessend gemeinsam beim Inder zu Abend.



– Ein sehr schönen aber auch sehr heissen Tag verbrachten wir auf der Fahrt in den Schwarzwald zu Reinards Schulfreund Rolf und seiner Frau Monika. Dabei lernten wir auch, wie an der Gutach lokal Strom erzeugt wird, schwammen im hauseigenen Becken und erlebten einen sintflutartigen Regenguss.


– Mehrere Besuche bei unseren Freunden Oskar und Luise in Obertürkheim führte zur Überlegung, die Donauquellen Brigach und Breg gemeinsam von Saig aus zu besuchen. Aber da wussten wir noch nicht, was noch kommen würde.



– Treffen mit Reinards Schulfreundin Trudel, zuletzt zum Geburtstagskaffee, waren freudige Ereignisse in dieser bangen Zeit.

Dann aber kam der nächste Schock.


Diagnose: Brustkrebs

Am 11. Mai hatte ich meinen jährlichen gynäkologischen Vorsorgetermin, an dem die Ärztin im Ultraschallbild an meiner rechten Brust eine größere dunkle Stelle entdeckt. Die rechte Brust schiene ihr etwas härter als die linke, meinte sie. Sehr rasch hatte ich für den 18. Mai einen Termin zur Mamografie.

Aber abends am selben Tag kamen zunächst einmal Alexander, Reinard Sohn und Enkel Messi Dominik zu uns nach Hochdorf. Am Samstag waren wir mit Messi und Reinards beiden Söhnen zusammen im blühenden Barock und Märchengarten in Ludwigsburg und ich war dadurch nicht so sehr mit mir selbst beschäftigt.



Alle zwei Jahre wieder

Das Senfle musste nach Seebronn zur Durchsicht und zum TÜV und dies konnten wir mit einem ausgiebigen Besuch bei meiner Schulfreundin Brigitte und ihrem Mann Rainer verbinden.



Zu Reinards jährlichem Klassentreffen in Wilhelmsdorf fuhren wir zusammen mit Reinards Schulfreund Günther. In den vielen Gesprächen zeigt sich auch bei häufigerem Treffen immer wieder, wie tief doch die Verbundenheit untereinander ist, wenn man Jahre gemeinsam im Internat verbracht hat.



Reinards Bruder Uwe mit Frau Christine besuchten wir in deren neuem Haus bei Hanau und lernten auf dieses Weise die restaurierte Altstadt von Frankfurt und die hessische Umgebung von Hanau kennen.


rechts: Kloster Seligenstadt


Am 18. Mai bestätigte dann die Mamografie die Vermutung: Da sitzt ein Knoten und damit war klar, was nun zu geschehen hatte: Überweisung ins Brustkrebszentrum am Stuttgarter Marienhospital und Stanzbiopsie. Die musste am 4. Juni wiederholt werden, weil die junge Ärztin beim ersten Mal keine der fraglichen Zellen erwischt hatte. Die Oberärztin war dann tatsächlich erfolgreicher.


Bange 14 Tage später fanden die OP-Vorbesprechung und die Voruntersuchungen statt und am 25. Juni wurde ich dann stationär aufgenommen - sechs lang, bange Wochen nach der Erstdiagnose, eine sehr lange Wartezeit!


Zur Überbrückung besuchten wir wie geplant unsere Freunde Kay und Ursel, bei denen wir zwei unbeschwerte Tage verbringen durften. Mit Ursel waren wir schwimmen, das Essen war köstlich, das abendliche Kinovergnügen anspruchsvoll wie immer und auch der Ausflug nach Bad Homburg mit seinen herrlichen Parks ein Genuss und eine willkommene Abwechslung.



Einen sehr gemütlichen Nachmittag verbrachten wir im Remstal bei Axel und Nicola und ihrer Tochter Lilli im Schatten eines Sonnenschirms im Garten bei Bienenstich, Kaffee und kaltem Wasser; auch einer dieser heissen Tage, man wagt kaum, es ständig zu wiederholen …


Operation

Am 26. Juni wurde ich operiert, alles war gut vorbereitet und auch nach der Operation hatte ich so gut wie keine Beschwerden. Schon drei Tage später konnte ich nachhause – nach Weilinmdorf.



Was für ein Segen, dass wir all diese Tage und Wochen des Wartens und Bangens und auch die ganze Zeit nach der Operation und der bald noch folgenden Bestrahlung in dieser schönen Umgebung wohnen konnten.



Elke und Bernd luden uns ein, diese Zeit bei und mit ihnen im Haus zu verbringen und sorgten für uns, wir konnten gelassen leben und tun, was gut tat. Morgendlich Spaziergänge um den See und durch Wald und Weinberge liessen alles leichter sein, als es gewesen wäre, wenn wir in unserem »Möbellager« hätten ausharren müssen.



Ich konnte mich nach der Operation entspannt erholen und die Wartezeit bis zur kommenden Bestrahlung auf diese Weise gut überbrücken. Es war ja ein sehr heisser Sommer und wir verbrachten die Tage daher meist auf der Terrasse – es war ein ständiger Urlaub.



Trotzdem unternahmen wir natürlich in diesen Wochen einiges. Wir besuchten meine Schwester Gabi in Konstanz im Krankenhaus. Sie hatte fast zur gleichen Zeit dieselbe Diagnose und dieselbe Operation hinter sich gebracht wie ich. Es sieht so aus, dass wir Vorfahren hatten, die diesen DNA-Defekt hatten, den wir damit wohl geerbt haben.


Die Gelegenheit war zu auffordernd und deshalb musste ich nach diesem Besuch im Bodensee schwimmen gehen. Wir fuhren auf die Mettnau ins Strandbad. Es war herrlich im See! Und alte Erinnerungen an das Jahr 1990 kamen hoch, als Reinard hier zur REHA war.



Deutschland ohne Griechen? Nein, das geht natürlich nicht. Aus diesem Grunde liegt wohl direkt in der Nachbarschaft das griechische Gemeindezentrum, wo am 1. Juli ein zünftiges Gemeindefest mit Essen, Musik und Tanz stattfand.



Mehrmals besuchten wird das Kunstwerk in Nussdorf, ein immer interessantes privates Museum mit zeitgenössischer Kunst. Dass da ein Künstler sein Bild extra passend zum meinem neuen Kleid gemalt hatte, fand ich sehr zuvorkommend.



Reinards Geburtstag am 9. Juli feierten wir mit Freunden bei hohen Temperaturen, Pizza und guter Laune »beim Italiener« in Weilimdorf.



An einem Wochenende besuchten wir Gunter in Bruchsal, der uns mit Zwetschgenkuchen, reichlich Sahne drauf und einem unerhörten Unwetter bei Laune hielt.


Den nächsten Geburtstag feierte Brigitte, Reinards Schutzengel, im Kreise ihrer Freundinnen und Freunde, hoch über den Dächern des Ortes.



Und noch einen Geburtstag gab es zu feiern: Gemeinsam mit Barbara und Hartmut feierten wir Sebastians Geburtstag in Hoheneck am Neckar bei einem etwas beengten Abendessen; der Tisch war zu klein für uns alle, aber das warme Wetter sorgte für so grossen Andrang, dass ein Tischtausch unmöglich war.


Bestrahlung

Am 1. August hatte ich endlich den ersten Bestrahlungstermin. Mit einer VVS-Monatskarte fuhr ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln täglich, fünfmal die Woche, sechs Wochen lang von Weilimdorf zum Marienhospital. Dort hatte ich Gamma-Bestrahlung des rechten Brustbereiches, jedes Mal ungefähr zehn Minuten.


Die ersten Wochen hatte ich keinerlei Probleme, ich war nur danach immer müde und musste mich, wenn ich zuhause war, erst einmal eine Stunde schlafen legen. Erst in der letzten Woche stellte ich fest, dass meine Haut doch in Mitleidenschaft gezogen wurde, ähnlich einem starken Sonnenbrand.



Nichts desto trotz

Wenn ich schon zur Bestrahlung immer in Stuttgart war, musste ich danach auch etwas unternehmen:


– Mit meiner Schulfreundin Brigitte traf ich mich zum Plaudern und zur Kunstausstellung im Planiebau.



– Mit meinen grossen Enkeln Janis und Lukas war ich in einer tollen Ausstellung im Kunstmuseum am Kleinen Schlossplatz.



– Meine Schwester Gabi besuchte mich, sie war mittlerweile ja auch operiert, entlassen und in Wartestellung wegen der kommenden Bestrahlung. Wir trafen uns in der Stuttgarter Markthalle zum leckeren Mittagessen und Plauschen.


– Mit meinem Sohn Michael und den beide jüngeren Enkeln Janina und Simeon traf ich mich am Favoritenpark in Ludwigsburg. Wir waren zum Bootfahren auf dem Monrepos-See und schlenderten durch Ludwigsburg. Für Michael war es eine Erinnerungstour.



– Bei meiner Freundin Brigitte war ich an zwei Wochenenden um zu malen und damit meine Brustarie besser zu verarbeiten.



– Ein Stadtbummel mit Elke und eine Besichtigung des Europa-Viertels am Breslauer Platz, dem Standort der neuen Stadtbibliothek und deren Besichtigung mussten ebenfalls endlich sein.



– Zwei Terrassenfeste organisierten Elke und Bernd mit lecker Gegrilltem, Fleisch, Fisch und Salaten und natürlich sehr netten Freunden, die für gute Unterhaltung und Kurzweil sorgten.



– Bei einem gemeinsamen Ausflug nach Kirchberg an der Jagst lernte ich dieses schöne alte Städtchen und Simons Wirkungsstätte auf dem Biohof in der Nähe kennen.



– Während der ganzen Zeit in Weilimdorf unternahm ich vor allem am frühen Morgen, wenn es noch einigermassen kühl war, Spaziergänge um den Lindenbachsee und in die nahen Weinberge des Lembergs.



– Am Wochenende vor meinem Abflug fand auf einer grossen Wiese bei Weilimdorf die Weltmeisterschaft der Highlander, u.a. mit Hammer- und Baustammwerfen, statt. Ein lustiges Völkchen tummelte sich dort bei Speis’ und Kampf.



Ende der Bestrahlung und Rückkehr nach Naxos

Am 7. September war endlich mein letzter Bestrahlungstermin. Als klar war, wann ich nach Naxos zurück konnte, buchte ich gleich meinen Rückflug für den 12. September.


Im Nachhinein muss ich feststellen, dass es mir die ganze Zeit erstaunlich gut ging. Alle sorgten sich um mich und ich musste nie lange alleine sein, wenn ich nicht das Bedürfnis danach hatte. Ich litt keinerlei Schmerzen und fühlte mich psychisch stabil. Immer wieder wunderte ich mich über mich selbst, dass alles so einfach und unkompliziert ablief.


Klar, es wäre sicher nicht so gut gelaufen, wenn ich nicht in der wundervollen Geborgenheit bei Elke und Bernd untergebracht gewesen wäre.


Reinard fährt alleine nach Naxos

In der Zwischenzeit hatte sich Reinard schon lange auf den Rückweg nach Naxos gemacht. Er verliess mich am 2. August, als nach der ersten Bestrahlung klar war, wie es weiter laufen würde.


Auf ihn warteten Alexander und Messi Dominik in Santorin. Dieser spannende Urlaub für Messi war schon lange geplant gewesen und es war nicht vorstellbar, Messi zu enttäuschen. Also berichtet jetzt Reinard.


Meine 11-Tage-Tour von Stuttgart nach Naxos


((Reinard))

Ich wäre nie alleine losgefahren, wenn Lis nicht überzeugt gewesen wäre, dass sie das alleine schafft mit den sechs Wochen Bestrahlung. Da sie bei Elke und Bernd bestens umsorgt war, konnte ich sie zurück lassen. Mich erwarten am 18. August Alexander und Messi, die nachmittags auf Santorin landen würden. Meine Reise musste also in maximal 14 Tagen auf Naxos enden. Es galt aufzuräumen um dann mit dem Senfle nach Santorin überzusetzen um die beiden in Empfang zu nehmen. Der heisse Sommer machte mit zu schaffen, aber es musste sein.


Ich fuhr also am Tag nach ihrer ersten Bestrahlung los. Ziel war zunächst München, wo ich von Lis’ Bruder Wolfgang erwartet wurde. Unser erster Gang am Abend: der Biergarten. Die Hitze am Tage liess ahnen, was mir bevor stehen würde. Das reiseintensivste Wochenende des Jahres nach Süden lag vor mir.



Aber es ging alles ohne grössere Probleme, Staus blieben nahezu ganz aus, denn ich fuhr die kleinen Strassen, hinunter durch Österreich und Italien nach Slowenien und weiter die uns gut bekannte Adriastrecke durch Kroatien, Montenegro und Albanien bis Griechenland. Allerdings, den einen oder anderen Aufreger gab es dann schon: Hotelschlüssel vergessen abzugegeben, abgelaufene Grüne Versicherungskarte vorgezeigt (ich hatte aber Ersatz dabei …), unter Verdacht auf Kunstraub an der Mazedonisch-Albanischen Grenze und – der Rest kommt noch.


Am letzten vorgesehenen Tag vor Piräus allerdings stockte es dann doch erheblich. Das war in Etoliko. Es gab kein Ticket an den nächsten Tagen von Piräus nach Naxos. Überfüllte Fähren verhinderten also die notwendige zügige Weiterfahrt nach Naxos. Schlussendlich ergatterte ich zwei Tage später doch ein Schiff von Rafina nach Naxos. Das hiess noch einen Tag Zwangspause in Etoliko, was mir eigentlich recht war. Zeitlich war es nun doch noch nicht eng.


Die letzte Etappe hinüber auf die Peloponnes und auf der Autobahn bis fast nach Rafina ging glatt. Ein Zimmer im Hotel in Rafina gab es für die eine Nacht auch. Nur als ich am Abend Geld abheben wollte, versagten die drei Automaten auf der anderen Strassenseite weitgehend kommentarlos den Dienst. Kein Geld. Meine Geldbeutel war bis auf ein paar Münzen leer, Fähre und Hotel allerdings bereits kurz zuvor mit der VISA-Karte bezahlt. Was also war jetzt mit der Karte los?


Frühstück war inklusive, ein Abendessen aber gab’s nicht. Da erst fing ich an zu rechnen und erkannte schnell, dass ich unterwegs einfach mein Limit überschritten hatte, das ich mir aus Sicherheitsgründen vor Jahr und Tag selbst gesetzt hatte. Denn wenn wir gemeinsam reisen, dann ist Lis Finanzminister, meine Karte ist nur der Notnagel. Dieses Mal aber eben nicht.


Ein Anruf bei der Bank konnte Abhilfe schaffen, in Naxos gab’s dann wieder Geld.


Wer die eine oder andere Etappe »mitfahren« möchte, kann das auf meinem Blog tun, einige Tage sind schon fertig und mit Bildern im Netz:



Die Tage mit Alexander und Messi …


… waren durchgehend heisse Tage, erst auf Santorin, wo ich mit Messi zum ersten mal im Meer war. Er nahm das als routinemässige Selbstverständlichkeit. Der Tag auf dem Vulkan und der Besuch des Museums von Akrotiri waren sicher prägend, man merke ihm aber zuweilen an, dass die Zahl Eindrücke ihn eher verwirrte.


Sherri Bustads Ausstellung hatte Eröffnung und Messi war von den Bildern und der Atmosphäre genauso fasziniert wie Sherri von ihm …



Die Tage an den Stränden auf Naxos genoss er sehr, ebenso τζατζίκι und Pita, die gingen immer. Immer wieder erstaunlich: Selbst tobende Brandung und der sehr grobe Kies in Lionas beeindruckten ihn nicht wenn es darum ging, im Wasser zu toben. Lieber Wasser geschluckt als verzichtet.

((/Reinard))


Endlich wieder zuhause in Galanado

Im September war hier auf Naxos noch richtig Hochsommer. Aber leider durfte ich noch nicht sofort schwimmen gehen, irgendwann nach zwei Wochen hielt mich dann aber nichts mehr zurück, es war einfach ein so tolles Gefühl, wieder im Meer zu schwimmen.



Bald kam dann auch schon mein Bruder Wolfgang wieder und wir unternahmen gemeinsam kleine Ausflüge in die Natur und vor allem die Gastronomie; Kulinarisches ist eben wichtig …



– Die Rotonda am Pass nach Apiranthos war stetes Ziel, ob zu nachmittäglichem Schmaus oder zum immer wieder faszinierenden Sonnenuntergang.


– Wir fuhren auf die Ostseite nach Azalas, besuchten Astrid und Nikos und assen am Abend zusammen mit Ingbert frische Fische im Apanemi in Moutsouna.



– An einem weiteren schönen Tag besuchten wir zusammen die immer wieder schöne kleine Bucht von Lionas mit ihrem traumhaften Kiesel-Strand und liessen uns im Delfinaki köstlich bewirten.



– Mehrere Strandspaziergänge vermittelten uns das Ende der Saison am Strand von Agios Georgios.



Das Café Kitron auf der Paralia sah uns ständig – zum Bier und Kitron, zu Cappuccino, Chips, Nüssen und Plaudern. Und nicht zuletzt liessen wir uns im Restaurant Axiotissa von Sofia in Kastraki verwöhnen, zuletzt mit Musik und der Vorstellung eines Geschichten und Kochbuchs, af dessen englische Version hier jetzt warten.



Und wenn man unten im Süden ist, dann muss man bei einem Abstecher auf die Halbinsel Aliko die neuen Werke der Strassenkünstler bewundern, wobei der Künstler »WD« dieses Jahr auch die Axiotissa grandios verschönert hat.



Sherris Ausstellung: Verlängerung


Wie Reinard schon schilderte, hatte Sherri ihre Ausstellung im Barozzi. Da sie verlängerte, konnte ich sie dort noch begrüssen und ihre Bilder bewundern.


Pirgos Bazeo, auf den letzten Drücker


Kurz bevor der Turm mit seiner Ausstellung für dieses Jahr geschlossen wurde, haben wir noch staunend einen Rundgang durch das alte Gemäuer unternommen und dabei zum ersten mal auch die Kirche geöffnet vorgefunden.



Rakitzo

Zum Schnapsbrennen trafen wir uns mit Ingbert und seiner Familie bis Adonis in Apiranthos. Auch das war ein gemütliches und gelungenes Gemeinschaftserlebnis in den Gärten unterhalb des Marmordorfes.



Ein Olivenbaum, weit über tausend Jahre alt


Der Baum steht in einem uralten Olivenhain in Kastrí, südlich vom Pirgos Bazeo. Wir besuchten ihn zusammen mit Heli. Es ist kaum zu glauben, aber alles spricht wohl dafür, dass dieser Baum, 12 Meter im Durchmesser, weit über 2000 Jahre alt ist!



Staudammkontrolle

Eine erneute »Staudammkontrolle« war angesagt, denn das Wasser in der Chora und auf den Dörfern wurde knapp: Mehrfach war das Wasser abgestellt und in der Chora kam teilweise nur noch schwarze Brühe. Es zeigte sich, dass wirklich nichts mehr in den beiden Becken war.



Da halfen wohl nur noch neue Tiefbohrungen, die die Stadt gegen harschen Protest der Bevölkerung von Filoti und Damalas mit Polizeiunterstützung aus Syros durchsetzte. Neue Leitungen wurden die Strasse entlang bis zum Profits Ilias gelegt.


Wolfgang verliess uns dann Mitte Oktober, allerdings mit der Zusage, ab Mitte Dezember wiederzukommen.



Reinard wurde mit einer Gesichtsrose oder so was ähnlichem beglückt, mit Schwellungen und Schmerzen. Antibiotika und Schmerzmittel halfen und nach zwei Wochen war glücklicherweise wieder alles ok. Unser »Hausarzt« Ralf im Ruhestand aus der Nachbarschaft stand ihm noch mit Rat und Rezept zur Seite. Kurz zuvor war er mit seiner Frau Irmi bei uns zum Kaffee, ein Brauch der locker hin und her geht.


Nochmals waren wir zum Schwimmen in meiner Lieblingsbucht in Mikri Vigla, es musste einfach sein, das ist wirklich das Allerbeste! Zuletzt waren wir dort am 11. November.



Noch mehrfach gab es schöne Tage, doch das Badezeug war nicht mehr im Auto.


Zusammen mit Trixi und Titos, Freunde aus Angidia, veranstalteten wir ein gemeinsames Essen mit Rindsrouladen, Rotkraut und Kartoffelklössen.


Claudia und Detlef besuchten uns zu einem gemütlichen Nachmittagskaffee mit selbst gebackenen Mandel-Rosinen-Zimt-Schnecken.


Bei einem Besuch zusammen mit Maria bei unserer Freundin Heli Ihlefeld in Kouronochori lernten wir Joachim kennen, der zu diesem Zeitpunkt zu Besuch war. Seit über 20 Jahren versucht er, als Minimalist zu leben. Er besitzt nur noch fünfzig Dinge, hat darüber ein Buch geschrieben (Der kleine Minimalist), hält Vorträge und war dieser Tage bei GALILEO zum Interview eingeladen. Trotz allem Minimalismus: Abends sassen wir dann alle zusammen dort in der Dorfkneipe zu einem reichlichen Essen.



Der OXI-Tag am 28. Oktober fand wie fast jedes Jahr bei schönem Wetter statt. Es ist immer dieselbe Abfolge: Kirche, Marsch der Kinder und Honoratioren zur Gedenksäule, Predigt, Ansprachen, Kranzniederlegung. Marsch. Und alles immer unter heftigem Getrommel der Jugend, die schon mindestens zwei Wochen zuvor mit dem Üben begonnen hatte …



Am Sonntag, 19. November (meinem Namenstag), hatten wir bereits am frühen Morgen nebenan heftigen Baulärm – Schlagbohrer und Gehämmere – und das schon vor dem Aufstehen. Reinard meinte dann, wir sollten besser ins Kitron zum Frühstücken gehen. Es ist immer wieder schön, wenn er mich mit solchen Vorschlägen überrascht!



Und endlich kam dann auch mal etwas Regen – und Sturm. Die Felder und Gärten brauchten dringend Wasser, das war schon längst überfällig. Bis heute ist es aber immer noch nicht ausreichend. Doch alles ist bereits grün, der Gelbe Klee beginnt zu blühen …


Eine Entsalzungsanlage

Endlich entstand unten am Hafen auch eine erste kleine Entsalzungsanlage, die aber natürlich bei weitem nicht ausreicht, um insbesondere im Sommer die Stadt mit Hotels und Touristen zu versorgen, da muss noch mehr passieren. Aber ein Anfang ist gemacht.




Endlich konnte auch wieder unser Griechischkurs beginnen. Bei uns im Wohnraum versammeln sich jetzt Dienstagabend immer fünf bis sechs Teilnehmerinnen, Reinard ist der einzige männliche Teilnehmer. Viel Wiederholung war notwendig, denn niemand hatte den Sommer über etwas getan.


Nachwehen

Seit ich auf Naxos bin, habe ich wöchentlich zuerst bei Trixi und später bei Niki, einer auch sehr sympathischen griechischen Physiotherapeutin, Lymphdrainage, um die Lymphbahnen rund um meine Brust wieder zu aktivieren. Dort, wo das Krebsgewebe herausgeschnitten ist, sammelte sich Lymphflüssigkeit an, die nach und nach abtransportiert werden muss.


Und am 18. Dezember kommt mein Bruder Wolfgang wieder, um mit uns Weihnachten und Neujahr zu verbringen. Auf die Ergebnisse sein Kochkünste zu Weihnachten sind wir wieder sehr gespannt …


Anhang




Nun wünschen wir Euch allen viel Unterhaltung beim Lesen, schöne und friedvolle Weihnachtstage sowie einen guten Rutsch ins Neue Jahr, Lis und Reinard.


Vieles blieb unerwähnt, darüber bin ich mir bewusst und wen wir vergessen haben möge mir das verzeihen.